„Trans* Gesundheitsversorgung (in Göttingen) – (k)ein Problem?!„
05. März 2022, online
Um die gesundheitliche Situation von trans* Personen in Göttingen und Umgebung zu verbessern und Behandler*innen zu vernetzen entstand im Jahr 2018 das „Netzwerk trans* Gesundheit Göttingen und Umgebung“. In diesem haben sich Beratungsstellen, Ärzt*innen, Therapeut*innen sowie andere im Bereich trans* Gesundheit tätige Personen aus der Region zusammengeschlossen. Als Ziele hat sich das Netzwerk neben Vernetzung und Austausch der beteiligten Berufsgruppen und Strukturen auch die (kollegiale) Weiterbildung, eine Sensibilisierung bezüglich der spezifischen Belange von trans* Personen in Gesundheits- und Beratungsstrukturen und somit letztlich eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung gesetzt.
Mehr als 3 Jahre nach der Gründung des Netzwerks wollen wir am 05.03.2022 im Rahmen eines Fachtags kritisch reflektieren, wie es denn mittlerweile um die Gesundheitsversorgung von trans* Personen vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter steht – sowohl im Raum Göttingen als auch darüber hinaus. Dabei möchten wir geografisch den Rahmen etwas weiter spannen und freuen uns auch über die Teilnahme von an der Gesundheitsversorgung beteiligter und in Beratungsstrukturen aktiver Menschen aus unseren Nachbarregionen und gerne auch aus dem gesamten Bundesgebiet. Auch inhaltlich wollen wir ein bisschen über unsere tägliche Arbeit hinausblicken und uns vor allem mit Themen auseinandersetzen, die aktuell kontrovers diskutiert werden, wie die Begleitung von trans* Kindern und Jugendlichen, das Thema detrans*, die Entpathologisierung von trans* und die endokrinologische Behandlung nicht-binärer Personen. Auch möchten wir Themen diskutieren, die im medizinischen Kontext oft zu kurz kommen, wie das Konzept der Peer-to-Peer-Beratung, Community-basierte Gesundheitsversorgung und Rassismuserfahrungen im Gesundheitssystem. Am Ende wollen wir in einer Podiumsdiskussion dann wieder den Bogen nach Göttingen spannen und mit lokalen Akteur*innen die Versogungslage vor Ort diskutieren. Wir hoffen, mit der Auswahl der Themen und der Referierenden einige gute, kritische und konstruktive Diskussionen anstoßen zu können.
Der Fachtag wird organisiert von der Trans* Beratung Göttingen und equity* im Rahmen des Netzwerks Trans* Gesundheit Göttingen und Umgebung. Der Fachtag findet in Kooperation mit der Akademie Waldschlösschen (gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend im Rahmens des Bundesprogramms Demokratie Leben!), dem Bundesverband Trans* sowie der Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachen statt.
Programm
10:00 Uhr Ankommen
10:30 Uhr Begrüßung
11:00 Uhr Keynote I
Die psychotherapeutische und medizinische Versorgung von trans* und nichtbinären Jugendlichen ist in den letzten Jahren von verschiedenen Veränderungen geprägt. Es entsteht immer mehr Wissen, das diagnostische Verständnis verändert sich und auch die ethischen Überlegungen betrachten zunehmend die Universalität der Kinderrechte.
Der Vortrag soll Orientierung für die Versorgung bieten und auch zur weiteren Auseinandersetzung anregen.
Mari Günther, systemische Therapeutin, Fachreferentin des BVT, Mitautorin der AWMF-Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit“ und Mitarbeit bei den AWMF-Leitlinien „Diagnostik und Behandlung von Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter“
12:00 Uhr Panel 1
Dr. med. Klaus-Peter Liesenkötter ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinderendokrinologie und -diabetologie am Endokrinologikum Berlin
K* Stern (ohne Pronomen), Einzel- und Beziehungstherapeutische Praxis für queere, trans*, nichtbinäre Menschen in Hamburg (HeilprG), Langjährige Erfahrung in der professionellen Trans*beratung. Fortbildungen im Themenfeld Geschlechtsidentität. Mehr Informationen und aktuelle Veröffentlichungen unter www.praxis-kstern.de
Eli Kappo, 29, ist eine detrans Frau, die sich für Trans* Rechte einsetzt. Nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Erfahrungen setzt sie sich für geschlechtliche Selbstbestimmung und gegen die Abschaffung des Gatekeeping bei der medizinischen Transition ein.
13:30 Uhr Mittagspause
14:30 Uhr Keynote II
Freddy Mo Wenner schreibt, moderiert und berät auf systemischer und gesprächstherapeutischer Grundlage u.a. bei Trans*Recht e.V. in Bremen und Bremerhaven; von 2018 bis 2021 zuständig für die wissenschaftliche Hintergrundarbeit bei der queerpolitischern Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag; 2017-2019 teamleitender Teil der Geschäftsführung im Queeren Netzwerk Niedersachsen e.V. | vielfaltive.de
15:30 Uhr Panel 2
Maximiliane Hädicke (sie/ihr) hat soziologische Wurzeln und ist medizinethische Doktorandin am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Göttingen. Sie ist dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „TransKids- einem Projekt zur Förderung eines nicht-diskriminierenden Umgangs mit jungen trans Personen durch patientenorientierte Schulungsmaßenahmen“* beschäftigt. *Das ethische Teilprojekt wird von der Institutsleiterin Prof. Dr. Claudia Wiesemann geleitet. Die Transkids-Studie wird vom Bundeministerium für Gesundheit gefördert. Zur ausführlichen Projektdarstellung siehe: https://transkids-studie.de/
This panel will be in englisch.
Casa Kuà wird von trans* und nicht-binären BIPoCs (Black, Indigenous & People of Colour) organisiert, um anderen trans*, inter*, nicht-binären und queeren Menschen Gesundheit besser zugänglich zu machen, vor allem denen, die von Rassismus betroffen sind. Ziel ist, alternative, traditionelle und konventionelle Medizin zusammenzubringen. Das Projekt, die Arbeit und deren Wichtigkeit werden vorgestellt und aufgezeigt, wie sich das medizinische System verändern muss, um die Versorgung von im Gesundheitssystem marginalisierten Menschen zu verbessern. Dieses Panel wird auf englisch stattfinden.
Subkulturen, marginalisierte Gruppen, Personenkreise außerhalb der heteronormativen Welt haben größere Hürden in der medizinischen Versorgung. Wertschätzende Aufnahme in der Praxis, ohne Vorurteile, mit Empathie sind dabei ebenso wenig zuverlässige Konstanten wie Adhärenz, Sprachbarrieren oder auch Beschaffungskriminalität immer wieder Probleme in der Begleitung hervorrufen. In einem Impulsreferat sollen sowohl die medizinischen Bedürfnisse betrachtet werden als auch die Sichtweise aus der Community, mit anschließender Diskussion und der Frage: wie können Bedürfnisse erkannt und in der Alltagspraxis integriert werden. Dafür wird Martin Viehweger, Aktivist für sexuelle Gesundheit, Arzt durch die Veranstaltung führen.
Dr. Martin Viehweger, 1992*(gefühlt) 1958*(gedanklich) 1982*(Passport) ist Aktivist für sexuelle Gesundheit und Arzt für Infektiologie in Berlin und Zürich. Er konzipiert, entwickelt und leitet Gemeinschaftsprojekte für sexuelle Gesundheit, sexuelle Aufklärung, Chemsex, Trans*medizin, führt niedrigschwellige Dienste durch und ist Gastdozent an den Universitäten Charité und MHB.
17:00 Uhr Pause
17:30 Uhr Podiumsdiskussion
Teilnehmende: Clemens Freiberg (Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinderendokrinologie und -diabetologie), Hannah Engelmann (Trans* Beratung Göttingen), Tara Dougherty (Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie), Prof. Dr. med. Heide Siggelkow (Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie), Julien Franke (Trans* Beratung Kassel), Anna Mederer (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie) Moderation: K* Stern
19:00 Uhr Verabschiedung