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IDAHOBIT* Göttingen 2021

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Am Montag, 17. Mai findet der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter*- und Trans*feindlichkeit – kurz: IDAHOBIT* – statt.

An diesem Tag wird alljährlich Inklusion und Chancengleichheit für Menschen gefordert, die nicht heterosexuell lieben, nicht in einer monogamen Zweierbeziehung leben, nicht dem Geschlecht angehören, das ihnen nach der Geburt zugewiesen wurde, oder die sich nicht eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen.

Auch das IDAHOBIT*-Bündnis Göttingen setzt sich ein für die Überwindung von Ablehnung, Ausgrenzung, Diskriminierung und Hass gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter*, asexuellen und anderen queeren Personen (kurz: LSBTIAQ*). Ziel ist die Sichtbarkeit, Akzeptanz und Gleichstellung von vielfältigen Lebensweisen, Beziehungs- und Familienformen, sexuellen und romantischen Orientierungen sowie geschlechtlichen Identitäten. Im IDAHOBIT*- Bündnis Göttingen engagieren sich zehn Gruppen und Organisationen. Gemeinsam haben wir ein großes Veranstaltungsprogramm auf die Beine gestellt, das Corona-gerecht online und outdoor stattfinden wird.

Seit 2005 wird der IDAHOBIT* weltweit am 17. Mai begangen. Das Datum wurde gewählt, weil am 17. Mai 1990 Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel für Krankheiten der WHO gestrichen wurde. „Das war ein großer Schritt, doch weiterhin werden LSBTIAQ* auch in Deutschland auf vielen Ebenen diskriminiert, ausgegrenzt, fremdbestimmt oder angefeindet“, erklärt Hannah Dißelbeck von den Jusos Göttingen, die sich im IDAHOBIT*-Bündnis Göttingen engagieren. Simone Kamin von der Göttinger AIDS-Hilfe erläutert die Ziele des Bündnisses: „Das IDAHOBIT*- Bündnis Göttingen setzt sich dafür ein, dass Menschen aller Lebensweisen ein selbstbestimmtes und angstfreies Leben in der Mitte unserer Gesellschaft führen können – mit gleichberechtigten Entfaltungsmöglichkeiten in Familie und Schule, im sozialen Umfeld und Berufsleben. Auch im Rechtssystem und im Bereich der Gesundheitsversorgung und Pflege müssen die Interessen von LSBTIAQ* endlich umfassend berücksichtigt und bestehende Ungerechtigkeiten beendet werden. LSBTIAQ* haben wie alle Menschen ein Recht auf Gleichheit, Selbstbestimmung und Schutz.“ Das IDAHOBIT*-Bündnis kritisiert, dass Menschen, die nicht den heteronormativen Erwartungen entsprechen, in unserer Gesellschaft immer noch mit alltäglicher und struktureller Diskriminierung konfrontiert sind, mit Ungleichheiten, Ausschlüssen und Gewalterfahrungen.

Heteronormativität ist ein Konzept, das von einem dualen Geschlechtermodell ausgeht, in dem es grundsätzlich nur Männer und Frauen gibt, die sich „natürlicherweise“ und hierarchisch aufeinander beziehen. In dieser Geschlechterordnung ist Heterosexualität vorgesehen, meist wird auch Monogamie und die Gründung einer Ehe und Familie vorausgesetzt. Geschlecht gilt als unveränderbar und wird ausschließlich aus anatomischen, biologischen Merkmalen abgeleitet. Diese Normen bilden den Maßstab für das, was in unserer Gesellschaft als erlaubt und erwartet gilt – und eben auch für das, was als abweichend gilt. Wer vom klassischen Zwei-Geschlechter- und Liebesmodell von „Frau“ und „Mann“ abweicht, kann überall im Alltag auf Ignoranz, Respektlosigkeit, Fremdbestimmung oder Ausgrenzung stoßen und mit psychischer, verbaler oder ​gar körperlicher Gewalt konfrontiert werden. (vgl. https://gender-glossar.de/h/item/55- heteronormativitaet)

Viele LSBTIAQ* sind zudem mit alltäglicher und struktureller Mehrfachdiskriminierung konfrontiert: Neben der Ablehnung ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität erleben LSBTIAQ* zusätzlich Benachteiligung, Ausschlüsse und Gewalt aufgrund von Migrationserfahrung, rassifizierenden Zuschreibungen oder aufgrund von körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen. Hier sprechen die Zahlen für sich: Bei einer Befragung von LSBTIAQ* mit Beeinträchtigungen gaben mehr als die Hälfte aller Befragten an, bereits im privaten Umfeld diskriminiert worden zu sein. (Quelle: LSBTIQ* inklusiv NRW, 2020) Bei einer Befragung von LSBTIQ* mit Migrationserfahrung gaben 18% an, wegen ihrer Herkunft, und 31%, wegen ihrer Sexualität beschimpft worden zu sein. (Quelle: LSVD, „Doppelt diskriminiert oder gut integriert?“, 2010) Jedoch ist die Studienlage zu Mehrfachdiskriminierung in Deutschland bisher unzureichend – ein weiteres Zeichen dafür, dass Intersektionalität stärkere Berücksichtigung finden muss.

Wir, das IDAHOBIT*-Bündnis Göttingen, fordern eine Gesellschaft, in der jede Person mit ihrer individuellen Lebensweise, Identität, Körperlichkeit und Herkunft in vollem Umfang gleichberechtigt und selbstbestimmt leben kann und akzeptiert wird.

Die Gruppe Bi+ Göttingen, die sich ebenfalls im IDAHOBIT*-Bündnis engagiert, betont die Bedeutung von Diversität insbesondere auch in queeren Räumen und Gruppen:

„Als eine der wenigen queeren Gruppen in Göttingen, die ethnisch und kulturell divers ist, sprechen wir uns als Bi+ Göttingen explizit für eine diversitätsorientiertere und antirassistischere Queer-Community in Göttingen aus. Wir fordern deshalb andere queere Gruppen dazu auf, sich vermehrt zu Themen zur Intersektionalität und zu Queerness auch im internationaleren Kontext über die deutsche Gesellschaft hinaus zu engagieren. Gerade in der Stadt, die von den internationalen Studierenden und Forschenden geprägt wird, wünschen wir uns von allen auch mehr nicht-deutschsprachige Veranstaltungen zu organisieren und Brücken zur internationalen Göttinger*innen-Community zu schaffen.“

Orga-Team der Bi+ Göttingen

Die ebenfalls im Bündnis mitwirkende Gruppe aqut* ergänzt den kritischen Blick in die Community:

„Es ist problematisch, dass in queeren Gruppen in Göttingen überwiegend weiße Personen organisiert sind. Das trifft auch auf dieses Bündnis zu. Es ist ein Symptom von strukturellem Rassismus und weißer Dominanz. Als weiße Personen und Gruppen sind wir in der Verantwortung, uns antirassistisch zu positionieren und uns mit nicht-weißen siblings zu solidarisieren.“

aqut*

Die Gruppe aqut* richtet ein weiteres Anliegen an die queere Community:

„Wir sprechen uns für mehr Solidarität mit inter* Personen aus. Insbesondere trans* und nicht-binäre Personen, die nicht inter* sind, müssen sich intensiver damit beschäftigen. Da sehen wir uns als Gruppe ebenfalls in der Pflicht.“

aqut*

Diese Gruppen und Organisationen arbeiten im IDAHOBIT*-Bündnis Göttingen mit: